Lästig ist der allgegenwärtige Staub, auch ganz ohne Wind, der die Atemwege belastet. Seit Tagen habe ich Ansätze von Nasenbluten. Nach europäischen Feinstaubnormen müsste die Wüste sofort geschlossen werden. Man versteht, warum die Leute hier ihren Körper verhüllen und Tücher vor Mund und Nase tragen. Um so schöner die Campingplätze, die mit viel Liebe und Bewässerung mit ihren Gärten einen erholsamen Gegensatz zu Sand- und Staubwelt außerhalb bieten. Ich lasse einfach mal die Bilder sprechen.
Neuerdings werden mit Solarzellen viele Pumpen betrieben, die Wasser aus Brunnen pumpen. Dadurch leben jetzt auch Leute dauerhaft in Gegenden, wo früher nur Nomaden mit ihren Ziegen und Schafen unterwegs waren. Und wo immer ein Ort entstanden ist, gibt es auch eine Schule und neue Schulbusse, die besser als die unseren sind. Die Veränderung dieser Welt ist rasant.
Wir sind heute über eine neue Straße Richtung Zagora gefahren, die auf der Karte noch als Piste gekennzeichnet ist. Auch unser Navi wiederholte mit geradezu religiöser Inbrunst "Kehren Sie um!". War aber trotz Evas Bedenken nicht nötig, die Straße war toll und neu, nur etwas leer, obwohl mit den Verkehrswegen auch neue Orte entstanden sind. Der nördliche Rand der Wüste wird zunehmend erschlossen. Wo früher die befahrbare Welt aufhörte, gibt es nun Teerstraßen und machen Esel und Kamele überflüssig.
Die einzigen Produkte, die es aus der Wüste zu kaufen gibt, sind Mineralien, Versteinerungen und Meteoriten. Diese werden in sogenannten Minen gefunden. Ich habe unterwegs mal eine solche Mine angesehen. Drei Arbeiter haben sich mit einfachsten Mitteln zehn Meter tief in den Untergrund gegraben und treiben dort unten einen Stollen in den Berg. Arbeitssicherheit wird überschätzt. Man hat mir angeboten, auf Schlappen die zehn Meter in die Tiefe zu klettern, wobei die Leiter aber nicht meinen Ansprüchen entsprach. Das einzige technische Hilfsmittel war ein von einem Zweitakter getriebener Kran, der eimerweise die Steine nach oben hob.
Nach einer Übernachtung in der Wüstenstadt Zagora sind wir heute, am 10. März so weit wie möglich nach Süden gefahren, bis die befahrbare Straße aufhört. Der Ort heißt MHamid, war noch vor zwei Jahrzehnten nicht erreichbar, damals hörte in Zagora die Welt auf. Inzwischen geht es bereits 90 km weiter in die Sahara hinein. Hier ist aber dann endgültig Schluss für normale Autos.
Die Stadt liegt am Rande des Draa-Tals. Der Draa ist der größte Fluss vor der Wüste, der alles Wasser von der Südseite des Gebirges einsammelt, so wie der Ebro in Spanien südlich der Pyrenäen oder der Po in Italien südlich der Alpen es tun. Nur anders als in Zentraleuropa, wo die Flüsse auf ihrem Weg zum Meer immer größer werden, ist es hier am Wüstenrand genau andersrum. Der Fluss wird in seinem Lauf immer kleiner und versiegt schließlich ganz, bevor er dem Meer auch nur nahe kommt. Der Grund: Es regnet auf der Südseite der Gebirge ohnehin wenig und das wenige Wasser wird zum Zwecke der Bewässerung verbraucht. Seit es oberhalb von Quarzazate einen Stausee gibt, um die Stadt und das Umland zu bewässern, liegt der Draa weitgehend trocken. An seinem Oberlauf hat er zig Flussoasen zum Grünen gebracht, hier im Süden kommt alle paar Jahre überhaupt mal ein wenig an. Die dunkelhäutigen Berber, die hier leben, haben sich früher durch Landwirtschaft selbst versorgt. Der Anbau ist aber wegen der Trockenheit des Draa zusammen gebrochen. So wurde der Tourismus die Haupteinnahmequelle, insofern ist die verkehrsmäßige Erschließung ein Segen für die Menschen und gleichzeitig ein Fluch für die Natur. Es ginge noch an, dass die Touristen Ausflüge mit Kamelen zu den großen Sanddünen machten. Aber sie fahren mit Allrad-Fahrzeugen überall in der Landschaft herum oder stören mit lauten Quads die natürliche Ruhe.
Das Wetter ist hervorragend, allerdings mit 30 Grad schon an der Grenze. Der Hund ist überhaupt nicht begeistert und möchte den Wagen nicht verlassen. Wir werden wohl bald in die Berge fahren müssen, wo es von der Hitze her für ihn erträglicher ist.
Vorher ist aber ein wenig Aufräumen und Saubermachen angesagt. Der Feinstaub ist überall und muss weg, allein schon meiner Nase wegen.
Noch ein paar Fotos von gestern Abend vom Sonnenuntergang und heute früh vom Sonnenaufgang.
Bevor wir morgen diesen Ort am Rande der Wüste wieder verlassen, habe ich mir noch die zentrale Wasserversorgung des Campingplatzes angesehen. Eine Brunnenbohrung mit solargetriebener Pumpe, ein "Wasserturm, nach oben offen. Das war's. Ich werde mr doch lieber die Zähne mit Flaschenwasser putzen.
Nach zwei Tagen am Wüstenrand in MHamid ging es zunächst die 90 km zurück nach Zagora durch ärmliche Dörfer und dann durch menschenleere 100km Wüste zu einem Schicki-Micky-Hotel mit Pool, das wir auf einer der vergangenen Fahrten gefunden haben. Nach Tagen voller Sand und Staub eine willkommene Erholung. Hier gibt es sogar Wein zum Essen, allerdings zu Schweinepreisen, obwohl doch Schweine hier verboten sind. Ein Glas kostet etwa soviel wie das Essen.
In dem schönen Hotel erreicht uns die Nachricht, dass in NRW die Schulen geschlossen werden, was uns zum Glück nur am Rande betrifft. Viel unangenehmer die Information, dass Spanien und Marokko die Grenzen geschlossen und den Fährberieb eingestellt haben. Wir sind also auf absehbare Zeit in Marokko fest gesetzt.
Weil das den Ablauf der weitern Planungen durchaus heftig beeinflussen kann, werde ich ein Neues Kapitel aufmachen: Reisen unter viralem Einfluss.