Inschallah / Et kütt wie et kütt


Freitag, der 27. März, Wetter gut wie immer

Heute wabert ein Gerücht über den Platz, dass die EU in Zusammenarbeit mit der französischen Regierung ein Fähre nach Sete zur Verfügung stellen will. Genaueres ist noch nicht bekannt. Nach einigem Suchen fand ich den folgenden Text in einer Zeitung

"nach hier vorliegenden Informationen wird durch EU-Delegation und frz. Außenministerium intensiv an der Realisierung einer Fährlösung von Tanger-Med nach Frankreich gearbeitet. Wir sind zuversichtlich, dass sich dies in den nächsten Tagen realisieren lässt. Mögliche Abfahrtszeiten würden, sobald verfügbar, auf der Webseite der Botschaft eingestellt. Ein Mitarbeiter der Botschaft wird für Fragen vor Ort zur Verfügung stehen.
Vor dem Fährhafen ist ein Parkplatz für Camping-Fahrzeuge ausgewiesen. Die Versorgung mit Strom, Wasser und Einkaufsmöglichkeiten wird durch die marokkanischen Behörden sichergestellt."


Samstag, den 29. März, am Morgen leicht bedeckt

Das Gerücht scheint sich zu bestätigen, die deutsche Botschaft schreibt, dass am Sonntag eine Fähre nach Sete gehen soll. Allerdings sei die vornehmlich für die 400 Autos gedacht, die bereits seit Tagen in der Nähe des Hafens Tanger Med warten. Nach Auskunft der englischen Botschaft passen etwa 150 Wohnmobile in die Fähre, die hin und zurück vier Tage benötigt. Es dauert also sicher 12 weiter Tage, bis man ggf. einen Platz bekommt. Wir bleiben weiter dran und warten hier, was an Infos kommt. Spanien meldet soeben 800 Corona Tote an einem Tag. Der Gedanke, Spanien auf dem Seewege zu umgehen, hat seine Vorteile. Die Fährpreise haben sich übrigens mehr als verdoppelt, da die Fähre ja leer zurückfahren muss.

Nach dem Frühstück habe ich einen Rundgang durch den Ort gemacht. Der besteht fast nur aus Ferienwohnungen, die natürlich jetzt alle unbewohnt sind. Wie man sieht, die Straßenverhältnisse zwischen den Häusern sind stark verbesserungsbedürftig. Hier wohnt praktisch außer ein paar Fischern und den Betreibern und Versorgern des Campingplatzes kaum jemand. Deshalb gibt es für die Hunde hier wenig an Aufregung.




Der einzige Laden im Ort außerhalb des Campings

Die Schulen sind auch hier geschlossen













Gegen Mittag hat sich die Sonne durchgesetzt und der Hund hat Lust auf eine Runde Wassertreten.








Am Nachmittag haben wir einen kleinen Spaziergang durch den Ort gemacht und sind dabei auf einen PickUp einer fliegenden Gemüsehändlers gestoßen. Heute gibt es frische Erbsen, nahrhaft und gleichzeitig Beschäftigungstherapie.





Sonntag, 29.03.

Außer der nächtlichen Zeitumstellung ist nicht Besonderes zu vermelden. Da Zeit hier ohnehin keinerlei Rolle spielt, betrifft die Zeitumstellung nur das Handy und den Laptop.
Das Wetter ist wieder traumhaft und zum Glück noch nicht zu warm. Am frühen Nachmittag haben wir mit anderen Deutschen vom Platz einen langen sonntäglichen Spaziergang am Strand gemacht.
Fünf Kilometer Strand, außer uns ohne eine Menschenseele. 




Die Dame rechts hat sich sehr erfolgreich der Strandreinigung verschrieben

Da sonst nicht viel passiert ist, wenigsten ein kitschiger Sonnenuntergang.




Montag, der 29.März. Strahlender Sonnenschein wie fast immer.

Keine Neuigkeiten, außer dass die Fähre nach Sete zum 2,5-fachen Preis mit acht Stunden Verspätung abgefahren ist. Etwa 250 Wohnmobile mit ca. 500 Leuten sind auf dem Weg. Für Donnerstag ist eine weitere Fahrt angekündigt, die aber nur für die im Hafen Wartenden vorgesehen ist. Die deutsche Botschaft rät, bis auf Weiteres da zu bleiben, wo man ist, da alle Fahrten über Land von der Polizei unterbunden werden.

Beim morgendlichen Spaziergang fanden wir eine prachtvolle flugfähige Heuschrecke. Ich will mal hoffen, dass das nicht die Ankündigung einer weiteren Plage ist.







Dienstag, der 31.3.

Gestern Abend und in der Nacht war es ungewöhnlich klar, man konnte die etwa 45 Km bis nach Agadir sehen. Bei uns wäre das ein Zeichen für einen Wetterumschwung und tatsächlich war es am Morgen bewölkt. Das hielt aber nicht lange vor, die Sonne hat sich wieder als stärker erwiesen.
Am frühen Nachmittag kamen Nachbarn mit der Botschaft, dass man für die Fähre von Tanger Med nach Sete  am Donnerstag jetzt buchen könne. Reichlich kurzfristig, aber ggf. zeitlich machbar, wenn man etwas dran zieht.
Der Haken: Bezahlung nur mit Kreditkarte. Da begann mein Problem. Bei dem Versuch, vergangenen Sonntag die Maroc Telecom Telefonkarte per Internet aufzuladen - angeblich super bequem und einfach - versagte zunächst PayPal 20 mal und auch die Kreditkarte wollte wiederholt nicht in Marokko bezahlen. Durch weitere zigfache Fehlversuche bei der Kreditkartenzahlung wurde mein Internetbanking gesperrt. Ich habe den Fehler inzwischen verstanden. Die  Bank schickt wohl zur Sicherheit eine SMS mit einen Code an meine Handynummer, und zwar an meine deutsche Handynummer und die kommt natürlich in Marokko bei den häufig wechselnden PrePaid Nummern nicht an. Der Versuch, per Telefon eine Lösung herbei zu führen, erforderte zunächst die 10-stellige Zugangsnummer und eine 5-stellige PIN-Nr.. Um überhaupt mit Deutschland jenseits von WhatApp telefonieren zu können, musste ich nur die Nummer der Maroc Telecom anrufen, einen 14-stelligen freigerubbelten Auflade-Code eintippen, verbunden mit dem Code *4 für internationale Verbindungen. Und schon konnte ich unter Angaben meiner 10-stelligen Zugangsnummer und der Telebanking Pin in Frankfurt bei der Bank anrufen, die Telefonnummer ist nur 12-stellig. Leider betrug die Wartezeit für ein Gespräch mit einem Menschen aus Fleisch und Blut 30 Minuten, soviel Guthaben war nicht auf meinen Handy. 
Ein Einwählen in die "maschinelle" Bank habe ich mir verkniffen, weil dazu wieder eine Sicherheits SMS an die falsche Telefonnummer geschickt würde und man nach der Sperre nur einen Versuch hat. Da soll noch einer sagen, Telebanking sei nicht sicher und das Leben hier wäre ohne Höhepunkte und langweilig! 

Als Mathematiker habe ich durchaus eine Affinität zu Zahlen, aber das war denn doch zuviel. Wenn ich jetzt Kopfschmerzen kriege, dann nicht vom Virus. Ich bleibe sowieso lieber hier. 900 km in zwei Tagen ist knapp bemessen und wenn einem unterwegs ein Dorfpolizist den Weg versperrt, hier herrscht schließlich Reiseverbot, dann ist die Fähre weg, falls überhaupt Plätze frei sind. Dann steht man im dicht besiedelten Norden Marokkos und wartet unter weitaus schlechteren Umständen als sie hier gegeben sind.
Ich denke, morgen fahren wir mal in den Nachbarort zum Einkaufen und probieren, ob die Karte am Automaten wenigstens Bargeld locker machen kann. Wenn nicht, wir haben noch zwei andere Karten, also kein Grund zur Sorge!


Mittwoch, 1. April

Wenn Ebbe und Flut die einzige Abwechslung sind, dann ist ein Einkauf in der nächsten Stadt eine willkommene Ablenkung. Wir haben für uns und unsere Nachbarn alles besorgt, was man hier am Platz nicht bekommt. Fleisch, speziell Rindfleisch, Telefonkarten und diverse Gemüse und einen Topf für Tajine. Nicht zu vergessen Bargeld, falls demnächst die Ausgangssperre noch verschärft werden sollte. Ich hab es, glaube ich, schon mal gesagt: Hier ist, obwohl nur 50 km von einer modernen Großstadt entfernt, tiefstes Marokko. Tatsächlich sind auf den Feldern noch Esel das gebräuchliche Transportmittel und in der Stadt bekommt man keinen Luxusartikel, sondern nur das, was man zum Leben und Arbeiten braucht. Wein gehört hier leider nicht dazu - wir haben noch ganze drei Flaschen.


Architektonisch nicht gerade ein Schmuckstück: Der Ort Massa. Die Mehrheit der Läden sind geschlossen.


Durch die Ausgangssperre mehr Kamele als Menschen auf der Straße




Trotzdem mal eine willkommene Abwechslung. Gegen Nachmittag waren wir zurück in Wassay Beach und haben "Bescherung" abgehalten. Das Wetter wie fast immer traumhaft.


Die Berge hinten sind ca 60 km entfernt, davor liegt Agadir

Der Ort Sidi Wassay hat zwar viele Häusr, aber meist Ferienhäuser und jetzt unbewohnt


Donnerstag, 2. April

Am Mittag großer Auflauf von Polizei, Militär und Campingplatzpersonal: Die Sandwege werden mit Chlorwasser desinfiziert. Eine hilflose und betont sinnlose Maßnahme, aber von gutem Willen geprägt.

Am Nachmittag nach dem täglichen Strandspaziergang  haben wir verbotener Weise einen Gang durch den Ort gemacht, den schmucklosen Friedhof gefunden und in der winzigen Bäckerei Plätzchen gekauft. Mehr ist nicht passiert.



Der Friedhof ist für die hundertfache Bevölkerung ausgelegt

Moslemische Gräber sind wohl immer schmucklos

Zumindest der Ausblick vom Friedhof ist nicht schlecht


Hier sieht man, bis auf das Brot, das gesamte Warenangebot in der winzigen Bäckerei

Der parkte vor dem Campingplatz

Freitag, 3. April

Heute ist es etwas bedeckt. Gutes Wetter, um sich ein wenig vom Ort weg zu bewegen. Vom Platz aus nach rechts (Norden) kommen 4.5 km Strand und Dünen, nach links Steilküste. In die Richtung bin ich noch nie weit gekommen. Ohne Frau und Hund bin ich ca. 5 km durch Wüsten ähnliches Gelände gewandert, zunächst mitten durch eine Schafherde, Gott weiß, wie die hier satt werden.











Unterwegs habe ich dann mein Traumhaus gefunden: Keine Nachbarn, kein Strom, kein Süßwasser, aber Internet und beste Aussicht aufs Meer und die hauseigene Bucht - also eigentlich das genaue Gegenteil von zu Hause. Auch Probleme mit dem Winterdienst gibt es hier nicht, im Zweifel wäre auch Sand zum Streuen genug da.
Irgendwann habe ich die Hoffnung aufgegeben, dass hier in absehbarer Entfernung ein Ort kommt und bin umgekehrt.



Die hauseigene Bucht



Man kann hier zig Kilometer wandern, bis ein Fischerort kommt

Der Einzige, der mir unterwegs begegnet ist: Ein Fischer auf dem Weg zur Arbeit

Samstag, 4. April

Die Ausgangssperre ist noch einmal verschärft worden. Man darf jetzt nicht mehr mit dem Wohnmobil nach Massa fahren, wohl aber mit einem Roller, so man hat. Das hat offensichtlich keine medizinischen Gründe. Man will wohl die marokkanische Öffentlichkeit nicht erzürnen, die ja auch nicht reisen darf, indem man immer wieder Wohnmobile in die Stadt lässt. Auch dürfen die Fischer jetzt nicht mehr auf dem Platz verkaufen, wohl aber außerhalb. Auch das macht nicht wirklich Sinn, aber nicht nur in Weilerswist sind alle Verantwortlichen mit der Krise überfordert und treffen irrationale Entscheidungen.


Der Aushang, offensichtlich von einem Automaten sinnreich übersetzt. Rennen meint Fahrten.
Gestern hätten wir beinahe eine Fähre nach Sete gebucht, wenn nicht die Tücken der digitalen Sicherheit uns zu langsam gemacht hätten. Laut Schweizer Botschaft gibt es am 20 April eine Fähre nach Frankreich, die man ab sofort buchen könne. (Die deutsche Botschaft weiß von Nichts.) Also Passdaten, Autodaten etc. eintippen, mit Paypal bezahlen. Gesamtdauer des Vorgangs ca. 40 Minuten, um alle Sicherheitsprüfungen zu bestehen. Dann die Mail von Paypal, dass bezahlt ist und Sekunden später eine Mail, dass der Betrag zurück überwiesen wurde. Das ganze haben wir dreimal versucht, weil wir zunächst Paypal in Verdacht hatten, nicht richtig zu funktionieren. Es war aber das schwachsinnige Programm der Fährgesellschaft, die erst 30 Minuten lang Daten einschließlich Essensbestellungen abfragt, dann das Geld einnimmt und dann erst prüft, ob überhaupt ein Platz frei ist. Und Kabinen mit Hund waren wohl ruckzuck ausgebucht. Wir werden also weiter warten. Die nächste Fähre, die Spanien umgeht, fährt am 12 Mai. Mal sehen, ob bis dahin nicht die Strecke Tanger-Tarifa wieder aufgemacht wurde, für die haben wir schließlich eine Rückfahrkarte. 48 Stunden mit Hund auf dem Meer ist auch kein Vergnügen, da sind 60 Minuten schon besser. Risiko!
Die Fährpreise haben sich - Angebot und Nachfrage - inzwischen fast verdreifacht. 
In jeder Krise gibt es auch Gewinner.

Sonntag, 5. April

Nach Info der Botschaft der Schweiz gibt es am 4. Mai eine Fähre nach Barcelona. Da hier noch Kabinen mit Hundeplätzen zu haben sind und die Preise nicht überhöht sind, haben wir einen Versuch der Buchung unternommen und sogar geschafft. Diesmal wollte PayPal bezahlen, vielleicht, weil es sich um eine italienische Fährgesellschaft handelt. Ob das Schiff dann wirklich fährt und man tatsächlich in Barcelona aussteigen darf, das wird man sehen. Bis zur französischen Grenze wäre dann nicht mehr weit. Erstmal sind wir für einen weiteren Monat hier.



Am Mittag hat bei höchster Flut eine Welle den Hund umgeworfen, der sich wegen seiner lädierten Hüfte nicht allein aufrichten konnte. Die erforderliche Rettungsaktion gelang zwar, führte aber zum Verlust des Autoschlüssels. Nach stundenlangem Suchen haben wir die Hoffnung aufgegeben und haben den kleinen Jungen unserer Nachbarn durchs Fenster ins Auto gehoben und die Türe von innen öffnen lassen. Und oh Wunder, gegen Abend hat jemand den Schlüssel aus dem Meer gefischt, etwa dreihundert Meter von der Stelle entfernt, wo er verloren ging.   


Montag, 6. April

Heute ist es wärmer als sonst, ca. 26 Grad. Das Wasser ist 18/19 Grad, also erträglich zum Baden. Die nächsten drei Tage soll es noch wärmer werden.

Am Mittwoch ist Vollmond. Der erste Vollmond nach Frühlingsanfang, darum liegt am folgenden Sonntag das Osterfest. Außerdem ist der Mond der Erde besonders nahe, auch Blutmond genannt. Das führt überall in der Welt zu einer besonders tiefen Ebbe, hier minus ein Meter, und einer besonders hohen Flut, hier 3,5 Meter. Das ist aber auch das einzig Besondere heute.


Das Foto ist geklaut bei pixabay



Ungewöhnlich tiefe Ebbe


Ungewöhnlich hohe Flut


Dienstag, der 7. April

Marokko hat eine allgemeine Schutzmaskenpflicht im öffentlichen Raum verkündet. Die Atemmasken solle 0,8 Dirham, also gut 7 ct kosten. Dumm nur, dass es hier keine zu kaufen gibt. Da wir hier alle seit drei Wochen in Quarantäne sind, scheint die Ansteckungsgefahr nicht sehr hoch, denn man bleibt unter sich und der Kontakt zu Einheimischen ist minimal. Überhaupt lebt man hier äußerst gesund: Vitamine und Grünfutter in Menge, einmal pro Woche rotes Fleisch oder Hähnchen, oft Fisch und kein Alkohol. Meine Lebenserwartung sollte um Jahrzehnte steigen!




Mittwoch, 8. April

Heute ist es ein wenig bedeckt, aber sehr warm. Wir haben uns zum ersten Mal im Muschelsuchen versucht. Mühsam ernährt sich der Muschel-Sammler !




Geschätzt braucht man ohne Werkzeug für eine Mahlzeit locker 2-3 Stunden.


Donnerstag, 9. April

Heute ist glatt nichts passiert. Der Höhepunkt des Tages war der Reibekuchen am Abend, von Hand gerieben schmeckte es wie zu Hause.


Von Freitag (Karfreitag) bis Ostersonntag 12. April ist nichts Berichtenswertes passiert. Die Tage laufen gleichförmig und ruhig. Die Versorgung mit Fisch ist eingeschlafen, seit die Angler wegen Kontaktverbot nicht mehr auf den Platz dürfen. Deshalb war das Essen in den letzten Tagen vegetarisch. Heute sind wir ein paar hundert Meter an der Steilküste entlang marschiert und haben einem Angler seinen Fang abgekauft. 5,5€ für zwei Fische, eine win-win-Situation. Ausnehmen und Entschuppen habe ich inzwischen gelernt.







Von Ostern merkt man hier übrigens überhaupt nichts. Eigentlich wollte ich einen Hasen - sprich ein Kaninchen fotografieren, das ich jeden Morgen beim Brotholen sehe. Heute war es nicht da. Deshalb ersatzweise Fotos vom Osterfisch.

Ostermontag, 13. April

Ein Tag wie jeder. Wetter wunderbar, nicht zu warm, dafür wird das Wasser immer besser. Am Mittag hat ein deutscher Camper auf einem etwa 30 km entfernten Platz per WhatsApp Kontakt gesucht. Er steht dort allein mit 20 französischen Autos, kann aber wohl kein Wort französisch und kommt auch nicht weg. Er steht etwas im Inland und kann deshalb nicht einmal ans Meer und langweilt sich zu Tode. Da geht es uns echt besser, ich könnte mich daran gewöhnen. Man lernt hier Geduld und sich zu beschäftigen.



Mittwoch, 15. April

Da der Hund mich gleich zweimal in der Nacht genötigt hat, mit ihm nach draußen zu gehen, konnte ich feststellen, dass schon wieder Halbmond ist. Die Zeit vergeht wie im Flug, obwohl man angesichts der Ereignislosigkeit denken würde, dass sie sich zöge wie Kaugummi. Ist aber nicht so. Zu Hause gibt es eine gewisse Struktur durch Termine, und seien es auch nur die Ladenöffnungszeiten. Hier gibt es weder Alltag noch Sonntag, der Laden ist immer geöffnet, solange es hell ist und zeitliche Struktur kommt höchstens durch die Tageszeiten und den Hunger. So ähnlich müssen sich die Menschen vergangener Jahrhunderte gefühlt haben, als noch nicht die Uhr unser Leben bestimmte.



Tägliches Ritual der Gang zum Strand mit "Wassertreten" für den Hund. 

Donnerstag,16. April

Heute kam die Meldung, dass zwei Fähren, mit denen einige hier am 20.und 28. April nach Frankreich fahren wollten,wegen mangelnder Genehmigung der marokkanischen Behörden ausfallen. Man kann nur hoffen,dass es mit unsere Fähre am 5.Mai nicht auch so geht.

Heute war wieder die betont sinnlose wöchentliche Desinfektion der Straße fällig. Ich habe mich ansprühen lassen, jetzt bin ich gegen alle Viren immun. Sonst ist nichts Spannendes passiert.





Wenn schon keine Action, dann wenigstens ein schöner Sonnenuntergang.









Dienstag, 21. April


Ein paar Tage habe ich übersprungen, weil nichts zu berichten war. Vergangenen Freitag war ich mit einem geliehenen Fahrrad in Massa, 17 km einfacher Weg mit heftigen Steigungen. Habe Geld geholt und ein Mittel gegen Arthrose für den Hund. Das Medikament für Menschen kostet hier erstaunlicherweise nur ein Zehntel des Tiermedikaments zu Hause.
Ansonsten ist die Ausgangssperre in Marokko wie in Spanien verlängert. Wir haben immer noch die Hoffnung, am 5. Mai Richtung Barcelona oder Genua weg zu kommen, aber das ist unsicher.
Die letzten beiden Tage hatte wir heftigen Wind mit massig Sand in der >Luft. Das führt dazu, dass die vollelektronischen Satellitenantennen, die sich selbst ihren Satelliten suchen, reihenweise ausfallen, weil die Mechanik verschmutzt. Gut, dass wir noch mit Handbetrieb arbeiten, das Fernsehen hält uns mit dem Geschehen in Deutschland auf dem Laufenden.
Am Wochenende wurde wegen des kommenden Ramadan die Zeit noch eine Stunde vorgestellt. Jetzt sind es zwei Stunden Differenz, wir leben einfach nach der deutschen Zeit, auch wenn die Sonne dann sehr spät auf- und untergeht. Die Essenszeit passt dann besser zur Tagesschau. Ich habe jetzt auch gelernt, wie man Plattfischen die Haut abzieht. Inzwischen hat man den Anglern verboten, auf dem Platz zu verkaufen. Wahrscheinlich ist sogar das Angeln verboten, zwei berittene Militärs haben gestern Angler weg gejagt. Aber die Küste ist so lang, die kann man zu Pferd gar nicht bewachen.

Mit der Flut heute Mittag hat der Sturm wieder eingesetzt. Der Wind ist frisch und macht auf den Wellen weiße Schaumkronen. Und überall Sandverwehungen.






Es ist zwar mit 22 Grad nicht wirklich kalt, aber doch ungemütlich. Kein Mensch hält sich am Strand auf.


Samstag, 25 April

Eigentlich soll unsere Fähre am 5.Mai gehen, deshalb habe ich mich einen Tag lang mit der notwendigen Bürokratie herum geschlagen. Um nach Tanger zu kommen, benötigt man eine Reisegenehmigung der örtlichen Polizei - 17 km entfernt, aber ich kann mir ja ein Fahrrad leihen. Die örtliche Polizei verlangt dazu ein personalisiertes Reisebegleitschreiben der deutschen Botschaft oder des Generalkonsuls in Agadir. Diese wiederum verlangen für die Ausstellung die Fahrkarte für die Fähre und die Kopie der Reisepässe. Alles per Mail und ohne die Möglichkeit, zu scannen oder zu drucken. Es scheitert bereits an der Botschaft bzw. dem Honorarkonsul, die auf unsere Mails bisher nicht reagieren. Lapidare Erklärung: "Wenn Sie auf Ihre Anfrage keine Antwort erhalten, dann liegt es wahrscheinlich daran. dass Ihre Mail in der Fülle der eingehenden Anfragen verloren gegangen ist." Sehr hilfreich!. Ganz im Gegensatz dazu braucht die schweizerische Botschaft dafür zwei Stunden. Nicht dass das alles wäre: Es fehlen noch zwei Formblätter für die Einreise nach Italien, auch in der deutschen Übersetzung wenig verständlich. Und die benötigt man keineswegs erst in Italien, sondern zum Einsteigen in die Fähre.
Nachdem ich mich nach Stunden mit der Bürokratie vertraut gemacht habe, kommt per Buschtrommel soeben die Nachricht von Franzosen, dass die marokkanische Regierung allen Fährverkehr bis zum 20 Mai verboten hat. Die nächste Fähre geht am 24. Mai nach Sete -wenn sie geht. Ob das stimmt, weiß der Geier. Und wenn es stimmt, ob nicht doch zuvor Fähren fahren, steht auch in den Sternen. Bisher sind nur Fähren gefahren, von denen die deutsche Botschaft erklärt hat, dass es die nicht gebe. Noch haben wir eine gültige Fahrkarte und keine Stornierung von der Reederei.

Zum Glück sind wir über die Tage hinreichend beschäftigt, Waschen, einkaufen, kochen, essen, fernsehen. Soeben konnte ich einem Angler einen großen Fisch abhandeln, so dass für heute die Eiweißversorgung gesichert ist.







Dienstag, 28. April

Gestern habe ich mit etwas Geduld die Fährgesellschaft in Genua erreicht, um unseren Zielort Barcelona gegen Genua umzubuchen, weil Spanien zurzeit noch niemanden aussteigen lässt. Die Umbuchung ist aber erst möglich, wenn zuvor die italienische Botschaft in Rabat zugestimmt hat. Das habe ich mit der üblichen Menge an Anlagen in die Wege zu leiten versucht, bisher ohne Antwort. Auch die deutsche Botschaft hat ihr personalisiertes Reisebegleitschreiben noch nicht geschickt, ohne das man von den örtlichen Behörden keine Reisegenehmigung bekommt. Es hängt also alles in der Luft.
Da man die Hoffnung nicht aufgeben soll, habe ich schon einmal bist zum Wochenende den Campingplatz bezahlt: 47 Tage, so lange war ich noch an keinem Urlaubsort. Und ggf, kommen noch drei Wochen dazu, denn die nächste Fähre, die Spanien umgeht, fährt am 24. Mai.

Was ganz anderes:


Ich habe ja schon öfters von der marokkanischen "Handwerkskunst" berichtet, speziell über Elektroinstallationen, die man eigentlich besser als die Kunst der Improvisation bezeichnen sollte. Die Bilder zeigen die vier Duschen, die in unserer Nähe zu Verfügung stehen. Immer blitzsauber und täglich desinfiziert, aber technisch einfach beeindruckend. Das erste Bild zeigt den ursprünglichen Zustand des Duschkopfes, die beiden folgenden den Versuch einer Reparatur. Man hat die Duschköpfe einfach eingeputzt, in einer Dusche spritzt das Wasser jetzt zur Türe raus, Das letze Bild zeigt den Versuch einer umfassenden Reparatur mit einer neuen Mischbatterie. Man kann nicht davon ausgehen, dass das Loch in der Wand innerhalb des nächsten Jahres verschlossen wird - schließlich funktioniert die Dusche doch.








I



































Freitag, 1.Mai

Tag der Arbeit. Aber es gibt nichts zu tun. Außerdem Ramadan, da wird eh nicht viel gearbeitet, weil alle hundemüde sind am Tag.
Unsere Fähre ist nun definitiv gestrichen, darf keine Leute rausholen. Die Nachricht kam über facebook bzw. von der französischen Botschaft. Die Fährgesellschaft hält sich bedeckt und verkauft weiter Tickets für Fähren, von denen sie weiß, dass die nicht fahren dürfen.

Zum heutigen Feiertag hatten einige der Franzosen die Idee, ein Gruppenfoto der Gestrandeten zu machen - in Coronazeiten wegen der Abstandsregeln eigentlich unangebracht. Aber alle befinden sich ja seit mindestens 47 Tagen in Quarantäne.




Der Jüngste Gestrandete ist 7 Monate alt


Der Älteste ist 79 und seit  4. Januar hier


Dienstag, 5. Mai

Gestern habe ich auf einer Gewalttour von gut 40 km mit dem Fahrrad die Bezirksregierung in Massa aufgesucht, um eine Reisegenehmigung zu bekommen. Zuvor war ich bei der lokalen Gendarmerie und dem Bürgermeisteramt, die sich aber für unzuständig hielten. Verwundert hat mich die Tatsache, dass örtliche Polizei über eine genaue Liste aller Touristen und deren Aufenthaltsort verfügte. Auch die Bezirksregierung war gut informiert und konnte auf dem Computer sehen, dass meine Fähre nicht fahren dürfe. Sobald wir auf der Passagierliste einer Fähre stünden, die wirklich fährt, würde man uns anrufen und die Reisegenehmigung ausstellen.

Heute ging dann eine ganze Telefonkarte drauf, um mit der gnv in Genua zu telefonieren. Tatsächlich hatten wir nach stundenlanger Warteschleife mit Musik Erfolg. Die Dame behauptete, uns bereits am 23. April informiert zu haben, dass unsere Fähre nicht geht, was definitiv nicht wahr ist. Immerhin bot sie die Möglichkeit, sich für den 12. und den 19. in eine Interessentenliste einzutragen. Das bedeutet allerdings keineswegs, dass die Fähre fährt und wenn, dass man mitgenommen wird. Die Gesellschaft hat mit Sicherheit ungleich mehr Tickets verkauft als sie Plätze hat. 

Donnerstag, 7. Mai

Gestern war erneut Vollmond, daran merkt man, wie die Zeit vergeht. Wir sind jetzt 53 Tage hier vor Ort. Erstaunlich, wie man sich an alles gewöhnt. Der Anblick des Strandes, der mich vor Wochen noch in Verzückung versetzt hat, ist der gewohnte geworden. Kein Grund mehr, den zu fotografieren. Einmal pro Woche mit dem Fahrrad zur nächsten Stadt ist schon ein Highlight, auch wenn es da weit weniger zu kaufen gibt als in Weilerswist. Ich wollte beim letzten Mal einige Dokumente in Farbe ausdrucken lassen: Keine Chance. Schließlich hat mir eine Bank geholfen und mit dem Hinweis auf Ramadan, wo man ja Gutes tun muss, allen in schwarz-weiß ausgedruckt. Immerhin, denn das wäre hier auf dem Campingplatz auch schon nicht mehr gegangen, denn die Drucker-Kartusche ist leer und eine neue zu bestellen, das dauert. Elementare Dinge wie Versorgung mit Lebensmitteln nehmen breiten Raum ein. Einmal pro  Woche kann man Fleisch bestellen, ansonsten muss man mit Gemüse, Eiern oder selbst gesuchten Muscheln improvisieren oder einen Fisch bei einem Angler organisieren. Ich bin inzwischen Spezialist für das Ausnehmen oder Haut Abziehen von Fischen geworden, nur an Tintenfische haben wir uns noch nicht ran getraut. Es ist wie das sprichwörtliche "Gefangen Sein im Paradies", gut erträglich und kein Grund zur Wehklage. Man kann sich allmählich in die vielen Migranten einfühlen, die über Monate und Jahre in Marokko festsitzen und weder Hoffnung auf eine Fähre haben noch Geld aus dem Geldautomaten ziehen können. Dagegen geht es uns gut, auch wenn der Wunsch nach Heimreise größer wird.

Freitag, 8. Mai

Einige der Franzosen auf dem Platz haben ein Ticket in der Fähre am 12. Mai nach Sete. Nach Meldung der deutschen Botschaft gibt es, wie zu erwarten, weit mehr Bedarf als Plätze auf der Fähre. Da zunächst die Franzosen dran kommen, werden wir noch warten müssen. Die Fährgesellschaft hat wohl einer französische Familie, die bereits seit Ferienbeginn ein Rückfahrticket hat, angeboten, für 500€ Zuzahlung könnte sie mitfahren. Als die Leute entrüstet abgelehnt haben, schließlich haben sie ein bezahltes Ticket, ist man dann auf 300€ Zuzahlung runtergegangen. Mafia. Nicht nur, dass sie Tickets für Fahrten verkaufen, für die sie keine Genehmigung haben, jetzt nutzen sie auch noch die Not der Leute zur Abzocke aus.


Samstag, 9. Mai

Rund um den Vollmond gibt es, korrespondierend zu den besonders hohen Fluten, auch besonders niedrige Ebben. Das führt dazu, dass der Strand auf die doppelte Größe anwächst und man zu Fuß an Stellen kommt, wo man sonst hin schwimmen müsste. Schon vor Sonnenaufgang waren viele Angler und Muschel-Sucher unterwegs.


Diese Steine sind bei Flut ganz im Wasser





























Nachdem die Sonne die Wolken aufgelöst hatte, waren heute ungewöhnlich viele Leute am Strand. Das Wasser ist angenehm warm, da können auch die Jüngsten Wellen reiten.









Weil sich das Meer so weit zurück gezogen hat, waren auch viele Küstenfischer am Werk. Ein etwa 15 Meter langes , zwei Meter hohes Netz wird bei Ebbe ins seichte Wasser gezogen und am Grund befestigt. Eine Seite ist mit Schwimmkörpern versehen. Wenn das Wasser steigt, spannt sich das Netz auf und wird einigen Fischen zum Verhängnis.








Auch Muschelbänke, die man sonst nicht erreicht, waren bei Ebbe gut zugänglich.































Montag, 11. Mai

Wetter trotz gegenteiligem Wetterbericht traumhaft wie immer.

Wir sind soeben von GNV angemailt worden: Mit "etwas" Verspätung hat man uns heute (11. Mai) mitgeteilt, dass unsere Fähre vom 5. Mai gecancelt wurde. Auch die Anmeldung für den 12. oder 19. nach Sete war erfolglos. Wir erfreuen uns jetzt eines nutzlosen Gutscheines.

Ich habe mich mit einem Ersuchen um Rechtshilfe an die europäische Verbraucherorganisation gewandt. Mal sehen ....

Mittwoch,13.Mai

Heute war ich mit dem Fahrrad in Massa, 17 km entfernt mit erheblichen Steigungen auf dem Weg. Die Leute warten hier auch auf die Aufhebung des Ausnahmezustandes und der Ausgangssperren, aber es sieht eher nach einer Verlängerung aus. Als ich zurück kam, hatte sich eine neue Hoffnung aufgetan: Eine von der britischen Regierung gecharterte Fähre sollte morgen von Tanger nach Algeciras fahren. Typisch, dass die deutsche Botschaft ca. 12 Stunden vor der Abfahrt davon berichtet. es sind immerhin 900 Kilometer bis zum Hafen und es gibt ein nächtliches Fahrverbot. Zum Glück stellt sich eben heraus, dass das Wetter um Gibraltar so schlecht ist, dass die Fähre erst nächsten Montag fahren soll. Wegen des unverschämten Preises von ca. 550€ wird die Fähre nicht voll und die Briten wollen deshalb auch andere Nationalitäten mitnehmen. Offensichtlich schaffen alle möglichen Länder - Frankreich, Belgien, Holland, Skandinavien, Polen und jetzt sogar GB ,  , ihre Touristen raus zu holen, nur die deutsche Botschaft kriegt nichts auf die Reihe, obwohl wir mit Sicherheit hinter den Franzosen das größte Kontingent stellen. 
Wir haben unser Interesse trotz des verfünffachten Preises bekundet, mal sehen, was da kommt.

Donnerstag, 14. Mai

Gestern am Abend und heute früh hat es zum ersten Mal seit 60 Tagen geregnet. Nicht viel (1 mm) und auch nicht lange, aber umgehend fängt es in dieser wüstenartigen Umgebung zu blühen an, wenn Pflanzen sich überhaupt halten konnten.
























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Freitag, 15.5.

Es tut sich was. Die britische Fähre, die am kommenden Donnerstag nach Algeciras fahren sollte, änderte zunächst das Ziel auf Gibraltar (also England), was aber den Spaniern nicht gefiel. Jetzt heißt es, sie fahre entweder nach Malaga oder nach Sete und an einem anderen Datum. Dafür gibt es angeblich von europäischen Botschaften gecharterte Fähren nach Genua am 19. und nach Malaga am 21. , alles sehr knapp, da man ja noch die Reisegenehmigung des örtlichen Pascha braucht, was am Wochende problematisch sein könnte. Und dann sind auch noch 900 km zu überwinden.
Also alles offen wie eigentlich immer.

Heute muss einem Fischerboot ein Netz aufgegangen sein. Es wurden Kiloweise Sardinen an Land geschwemmt, die die Einheimischen gleich kistenweise aufgesammelt haben. Wir werden morgen sehen, ob ich das Essen überlebt habe.


Da ich Optimist bin, werde ich nun ein neues Kapitel aufmachen: Heimreise








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